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Geschichten über's Grillen

01.) Grillsaison

Ich nahm früher immer den Föhn, um die Glut anzufachen. Klar, das ging nur, wenn eine Steckdose in der Nähe war. In freier Wildbahn musste ein Blasebalg herhalten, wenn nicht vorhanden unsere Lungen.
Ging auch!

Dann gab es noch viel Rauch, brennende Augen, verbrannte Finger, Fettspritzer, verkohlte Käsekrainer und fettige Nackensteaks.
Erraten, wir grillen.

Das waren noch Zeiten. Holzkohle und Gitterrost waren die Grundelemente. Damit hatten wir einen Grill.
Was wir damals brutzelten, unterschied sich nicht wesentlich von dem von heute. Nur das Drumherum ist anders geworden, viel anders.

Wenn ich noch weiter zurückdenke, wird es noch minimalistischer mit Lagerfeuer, angespitztem Haselnussstecken und vorne dran irgend was mit Wurst. Oder einfach in die Glut geworfen. So wurden die besten Kartoffeln gegart, die ich je in meinem Leben aß.

Und heutzutags? Von wegen Holzkohle und Gitterrost, Fehlanzeige. Heute wird ein Sammelsurium von Gerätschaften benötigt um so ein Tofuwürtschl heiß zu machen.

Und Holzkohle ist auch nur noch gelegentlich als Heizmaterial vorhanden. Die sei so furchtbar ungesund mit all Ihren Formaldehyden, Teerstoffen, Schwermetallen, Sauerstoffradikalen und Feinstäuben. Ja, mit sowas heutzutags in einer Gartenanlage die Luft verpesten geht gar nicht!

Statt dessen werden ganze Feldküchen in Stellung gebracht. Da protzt es nur so von Chrom und Edelstahl. Mannomann, die passt nicht in die Ecke einer Dreizimmerwohnung, geschweige denn, auf einen Durchschnittsbalkon einer mehrstöckigen Wohnanlage.

Die Energie kommt mal elektrisch mal mit Gas. Holzkohle, ich meine richtige Holzkohle, mit der man sich die Finger dreckig machen kann, ist in diesen Verbrennungsanlagen nicht mehr vorgesehen.
Da kann auch nicht einfach mal so ein Herbert oder Otto das Grillen anfangen. Nein, da muss vorher ein Grillseminar besucht werden.

Und dann geschieht ein Wunder! Ein wirkliches Wunder! Männer, die vorher mit Kochen und Garen in der Küche nie etwas am Hut hatten, mutieren plötzlich zu Grillmeistern, fachsimpeln über Fleischqualität und diskutieren über den Bräunungsgrad einer Rindsbratwurst. Das Ganze gipfelt dann, wie kann es bei Männern anders sein, in richtigen Grillwettkämpfen.

Trotzdem ist das marinierte Schweinefleisch, da minderer Qualität, furztrocken und die Schweinsbratwürstl vom Supermarkt schmecken irgendwie nach Sägespänen. Das Rauchige fehlt, dies kann auch der fleißig eingesetzte Salbei nicht herzaubern.
Die ganze Heißmachmaschine, groß wie ein Kleinwagen und auch fast so teuer, ist die Verarsche schlechthin.
 
Grillen geht anders, ganz anders, nämlich mit Holzkohle und Grillrost, Rauch und tränenden Augen, Fettspritzern und verbrannten Fingern.

Wenn dann noch ein Bier, ich meine kein lackes, sondern ein frisches und kaltes Bier dazu kommt, dann pfeife ich auf all das Schickimicki-Edelstahlgedöns.


02.) Dem Grillör ist nichts zu schwör

Grillen zu zweit ist fad! Da kann ich mir, je nach Alter, Interessanteres vorstellen. Beim Grillen muss Publikum, das heißt Mitesser, dabei sein. So um die zehn bis zwanzig Personen beiderlei Geschlechtes sind ideal, je nach Größe der Terrasse. Man will seine Grillanlage ja ausreizen.
Gegrillt wird, was immer gegrillt wird. Nackensteaks und Käsekrainer. Meine Frau Doris besteht auf Bauchspeck, auf Bayrisch »Wammerl« genannt.
Nie im ganzen Leben erlebte ich, dass sie sich eine Scheibe Bauchspeck im Restaurant bestellte, geschweige denn auf dem heimischen Herd sowas in die Pfanne haute.
Aber beim Grillen, da gelten andere Gesetzte. Doris macht sogar ihr Erscheinen davon abhängig.

»Ich komme nur, wenn ich Bauchspeck bekomme. Zwei Scheiben reichen mir, mehr brauche ich nicht!«

Das weiß sogar unser Metzger. Der erinnert die Freunde immer, wenn sie bei ihm Grillgut einkaufen, an den Bauchspeck für Doris. Falls wir mal ausnahmsweise nicht eingeladen sein sollten sind wir es spätestens jetzt!

Solche Eigenarten stelle ich bei Weitem nicht nur bei meiner Frau fest. Haben sie jemals gesehen, dass ein Mensch im Wirtshaus zwei Käsekrainer bestellt? Nie und nimmer! Sowas wird nur beim Grillen verputzt.

Dieses Grillen muss, anders kann ich es mir nicht erklären, tief im Inneren eines Menschen irgendetwas aus grauer Vorzeit zutage fördern. Zumindest ist es eine archaische Form der Nahrungsaufbereitung über der offenen Glut, die uns Männern abhandengekommen war und durch das Ritual des Grillens wieder freigesetzt wird.

Das ist aber noch lange nicht alles an diesem sonderbaren und wunderbaren Grillphänomen.

Zu 99,9 Prozent stehen Männer am Grill. Liebe Mädels, macht jetzt bitte keinen Aufstand. Das ist nun einmal so und wurde hundertfach wissenschaftlich nachgewiesen.
Ihr dürft den Nudelsalat beisteuern, vom Grill haltet Ihr Euch bitte fern. Das ist eindeutig Männerdomaine.

Mit dem Saubermachen bröckelt die männliche Vorherrschaft allerdings. Der Grill selber geht ja noch, das sieht Mann auch ein. Aber alles andere drumherum ist nicht unsere Sache.

Und wehe, jemand hat da geschmacklich oder auch anderweitig was auszusetzen. Das können wir Männer gleich gar nicht ab. Auch wenn das Fleisch noch so strohig, die Bratwurst noch so muffelig schmeckt. Der Maestro am Grill will gelobt werden.

Ein paar Schulterklopfer schaden nicht und ein Prosit auf den phantastischen Grillör ist ein Muss! Dann, aber nur dann fühlt sich Mann bestätigt.
Ich weiß Mädels, das ist nicht so Euer Ding. Ihr müsst damit leben. Huldigt ihm!

Im Normalfall, ich meine ohne Grill, sitzt der Alte in der Küche, die Flasche Bier neben ihm. Dann bekommt er das saftigste Steak von seiner Angetrauten vorgesetzt. Wetten, er verliert kein einziges Wort des Lobes. Er verdrückt das gute Stück ratzfatz und nimmt das alles als von gottgegeben und als Selbstverständlichkeit hin. Nicht G’schimpft ist g’lobt genug!
Aber beim Grillen, da hechelt der Grillrostadonis nach Anerkennung.
So san’s halt, die Männer!



03.) Ein Gartengrill mit Grenzbebauungsantrag

Joachims Nachbar war ein umgänglicher Typ. Freunde waren sie nicht, pflegten aber eine wohlwollende Nachbarschaft, und das schon seit Jahren.
Als der Nachbar, er heißt übrigens Hermann, sich einen neuen Weber-Kugelgrill anschaffte, nahm das Joachim wohlwollend zur Kenntnis.
»Gute Wahl!« Meinte er über den gemeinsamen Gartenzaun hinweg. Er selbst hatte sich vor zwei Jahren so ein Edelstahlmonster nach Hause geholt. Schon bald stellte er fest, mit Grillen hatte das nicht mehr viel zu tun. Nun stand das Ding abgedeckt in der Garage. Er hatte einfach keinen Bock mehr damit zu Grillen, weil es ja eigentlich gar kein richtiges Grillen war.

Joachim wollte zurück zu den Ursprüngen. Erst war es eine fixe Idee, aber so allmählich nahm diese Idee konkrete Formen an. Ein gemauerter Gartengrill musste her! Was Bodenständiges und was Grundsolides!

Als handwerklich begabter Freiberufler, Joachim war Chirurg, traute er sich durchaus zu, das Ding selbst hochzumauern.
Im Internet war schnell ein passender Bauplan gefunden. Er hatte sogar einen kleinen Schornstein zum Rauchabzug.
So ein fertig geformtes Teil, dass man nur noch hinstellen musste, wollte er nicht.

Backsteine, Schamottsteine und Zement waren schnell im Baumarkt besorgt. Ebenso ein geeigneter und sehr robuster Stahlrost. Es konnte ans Werk gehen.

Erst mal musste der Standort festgelegt werden. Nicht direkt am Haus, aber auch nicht allzuweit von der Terrasse entfernt. Der Wasseranschluss neben der Kellertür sollte bequem erreichbar sein.
Joachim hob gerade mit dem Spaten ein flaches Fundament aus, als sein Nachbar hinter dem gemeinsamen Gartenzaun auftauchte.

»Was wird das denn?«
»Ein Gartengrill!«
»Aha, gemauert, oder?«
»Sicher gemauert, was Solides halt!«
»Ziemlich nah an meiner Grenze!«
Joachim stelle einen abweisenden Unterton fest.

Herrmann war nicht nur Nachbar, sondern auch Beamter in der städtischen Liegenschaftsverwaltung. Um genauer zu sein, Oberamtsrat, also gehobener Dienst, mit der Besoldungsgruppe A13.

»Lieber Joachim, Du darft hier nicht einfach ohne meine Zustimmung rumgraben!«
»Hab Dich nicht so, das wird nur ein Gartengrill!«
Hermann lies sich nicht beirren.
»Du kannst hier ein Blumenbeet anlegen, gegen einen Baum habe ich auch nichts einzuwenden. Aber was Gemauertes für die Ewigkeit dulde ich nicht!«
Peng, das saß!«

Hermanns Stimme vibrierte leicht, obwohl er nicht lauter wurde.

»Aber Hermann, mein Gartengrill wird gerade mal etwas über einen Quadratmeter Grundfläche haben!«
Joachim nahm den Spaten, um ihn  an den Gartenzaun zu lehnen.
»Drohe mir nicht mit dem Spaten!« Herman wich einen Schritt zurück.
»Fang nicht zum Spinnen an. Kein Mensch droht Dir!«

Es entstand eine Pause. Sie schauten sich in die Augen. Hermann hatte mittlerweile ein Beamtengesicht der härteren Sorte aufgesetzt. Er kannte sich schon rein beruflich mit dem Baurecht bestens aus, was man von Joachim nicht behaupten konnte.

»Du musst mindestens drei Meter von meinem Grund wegbleiben!«
»Dann steht der Grill ja mitten auf meinem Rasen!«
»Dein Problem!«, konterte Hermann.
»Komm Hermann, es muss doch eine gemeinsame Lösung geben!«
»Ja, aber nicht direkt neben meinem Gartenzaun!«

Die gutnachbarliche Beziehung drohte zu kippen.

»Warum mauerst Du das Ding nicht auf die andere Seite, da ist doch genug Platz!«
»Da habe ich zu weit zum Wasseranschluss!«
Schon wollte Joachim wieder zum Spaten greifen, lies es dann aber aus verständlichen Gründen bleiben.

»Ich kann Dir die Gesetzestexte über’s Baurecht geben, wenn Du mir nicht glaubst!«
»Hermann, ich glaube Dir ja, ich dachte nur, so ein bisschen Gemäuer wäre nicht der Rede wert!«
Hermann ließ nicht locker.
»Ich gebe zu Bedenken, wenn das Ding erst mal steht, dann kannst Du es nicht mehr verrücken. Wegen dreimal Grillen im Jahr steht das Trum das ganze Jahr über hier rum. Nein, das will ich nicht, nicht so nahe an meinem Zaun!«

Wieder entstand eine Pause.

»Lass uns das ganze nochmal überdenken. Ich möchte deswegen keinen  Streit vom Zaun brechen.!«
Damit nahm Joachim schließlich doch seinen Spaten und Hermann fühlte sich nicht bedroht. Beide trollten sich, jeder in sein Einfamilienhäusschen.

Zwei Monate später stand unter einem strahlend blauen Frühsommerhimmel ein stattlicher gemauerter Gartengrill mitsamt Schornstein mitten auf der Grundstücksgrenze. Der gemeinsame Zaun war auf einer Länge von ca. Dreimeterfünfzig abmontiert, sodass der Grill von beiden Seiten bequem zugänglich war.

Was war passiert?

Die beiden Ehefrauen setzten sich zusammen und baldowerten einen gemeinsamen Plan aus.

So verscherbelte Hermann seinen Kugelgrill an Bekannte und innerhalb einer Woche wurde das Bauwerk für die Ewigkeit errichtet. Hermann half kräftig mit, wobei ihm als Beamten im gehobenen Dienst das Praktische weniger geläufig war. Deshalb übernahm er den Part des Handlangers und Joachim mauerte sehr exakt mit Senkblei und Wasserwaage.

Erste Brennversuche, ohne Grillgut natürlich, waren vielversprechend. Zuletzt wurde das Ganze mit weißem Feinputz verschönert.

Ein Grenzbebauungsantrag wurde formell eingereicht und da beide Unterschriften vorhanden waren, ohne Probleme durchgewunken. Somit war der gemeinsame Gartengrill in’s städtische Kataster geschrieben und Hermann vollauf zufrieden.

Heute war Richtfest.
Um die dreissig Gäste tummelten sich, mal drenten mal herenten, im Garten.
Es gab Nackensteak, Käsekrainer und Bauchfleisch, auf bayrisch auch »Wammerl« genannt.

Unter der Gästeschar verweilte ein Ehepaar, die bekennende Vegetarier waren. Sie brachten ihre Tofu-Würstl und Sojabuletten selber mit. Sie tranken den ganzen Abend Gemüsesaft und zwischendurch bei Vollmond abgefülltes stilles Mineralwasser. Ansonsten fielen sie nicht weiter auf.

Der gemauerte Gartengrill bestand seine Feuertaufe mit Bravour. Selbst die Sojabuletten schmeckten außerordentlich gut, wie die beiden Vegetarier mehrmals betonten.

Aus der gutnachbarlichen Beziehung zwischen Hermann und Joachim wurde Freundschaft, gefestigt durch viele grenzüberschreitende Grillabende im Sommer und Glühweinabende im Winter. Dazwischen fand sich auch immer wieder mal Anlass zusammenzusitzen, mal drenten, mal herenten.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute!


04.) Camping und Nudelsalat

»Wir fangen dann gleich mal an!«, rief Bernhard über die Straße. Na ja, Straße war zuviel gesagt. Es war die Zufahrt zum hinteren Teil des Campingplatzes, dort wo die ganzen Wohnwagen standen.

Camping und Grillen gehören irgendwie zusammen. Bernhard hatte einen kleinen aber feinen Grill, natürlich zusammenklappbar wie fast alles beim Campen. Gerade mal für vier Personen konnte er gleichzeitig was brutzeln. Da traf es sich gut, dass wir nur zu viert waren.
Die Meinige steuerte den Nudelsalat bei und Bernhards Lebensgefährtin, die Uschi, verheiratet waren sie ja nicht, bereitete gerade den griechischen Salat zu.

In meiner Jugend war das Wort »Camping« nicht so geläufig. Da ging man Zelten und der Campingplatz hieß nicht Campingplatz, sondern Zeltplatz. Meine Eltern hatten damals ein Dreimann-Steilwandzelt mit Vordach. Binnen nullkommanix war das aufgebaut. Korrekt muss das ja »Dreipersonen-Steilwandzelt heißen, weil natürlich auch Frauen, meistens jedenfalls, dabei sind.

Statt Grill gab es einen Gaskocher, auch Campingkocher geheißen. Wir hatten einen Zweiflammigen.
Direkt nebenan stand mein Zweimannzelt. Ein richtiges Zelt mit Spitzdach, am Eingang vorne eine senkrechte Metallverstrebung und mit einem Reißverschluss konnte man das zumachen. Es war mein Reich und auch wenn es ein Zweimannzelt war campierte ich ganz alleine da drinnen..

Aber das war alles Vergangenheit.

Jetzt mussten wir rüber, die Nackensteaks wurden fertig. Ich schnappte mir unsere Kühlbox mit Königspilsner in der Dose, also Dosenbier. Der Marillenbrand musste nicht gekühlt sein. Meine Frau nahm sich einen Campingstuhl mit, Bernhard hatte nur drei davon.

Wenig später saßen wir um den Klapptisch herum. Er war einigermaßen stabil, wenn man nicht zu sehr drauf rum hantierte. Bernhard wollte sich schon lang einen Neuen kaufen, aber sie wissen ja, wie das ist. Für eine Saison war er immer noch gut!

Erst mal wurde ein Pils aufgemacht, das heißt, jeder machte sich eine Dose auf. Danach musste der griechische Salat aufgegessen werden, der sehr lecker war. Vielleicht auch deshalb, weil wir wussten, dass noch was Fleischiges nachkam. Beim Umdrehen flog Hermann ein Nackensteak auf den Boden, was nicht weiters schlimm war. Beim Camping, aber auch schon früher beim Zelten, konnte sowas immer mal passieren.

Es roch nach Rauch und angebranntem Fett, das zischelnd in die Glut tropfte. Dann waren die Nackensteaks durch. Diese wurden auf die Plastikteller jongliert, ohne das ein weiteres Malheur passierte. Gleichzeitig wurden die nächsten Dosenbiere aufgemacht. Da man schon vorher zur besseren Verdauung was Hochprozentiges intus haben sollte, wurde eine Runde Marille eingeschenkt. Dazu mussten die Plastikeierbecher herhalten.

Die Nackensteaks lagen gerade auf unseren Tellern, als ein halbwüchsiger Knabe mit fuchtelnden Armen angelaufen kam.
»Kommt’s schnell, da ist einer in die Regentonne gefallen und steckt jetzt fest!«
Bernhard und ich sprangen fast gleichzeitig auf. Uschi sagte noch: »Ach du lieber Gott!«, und die Meinige schob ein »ausgerechnet jetzt!, nach.

Jeder auf dem Campingplatz kannte die grün angestrichene Regentonne gleich neben dem Eingang zu dem kleinen Selbstbedienungsladen mit den überhöhten Preisen. Meistens war sie leer, aber heute wussten wir das natürlich nicht so genau.
Nach einem kurzen Spurt, es war wirklich nicht weit, standen wir vor der Tonne. Nur, da war niemand drinnen. Von dem aufgeregten Knaben fehlte jede Spur.

»Da hat uns jemand gefoppt!«, meinte Bernhard und unser beiden Mädels vergewisserten sich nochmal, ob wirklich niemand drinnen feststeckte.

Also trollten wir uns zurück zu unseren Nackensteaks, die waren aber nicht mehr da. Mitsamt Plastikteller waren sie nicht mehr da und der Nudelsalat auch. Bei näherer Inspektion fehlt auch die Kühlbox.
»Scheiße!«, sagte ich und Bernhard schloss sich meiner Meinung vollinhaltlich an.

Doris lamentierte über den Verlust ihrer schönen Tupperschüssel. Aber der Marillenbrand war noch da, auch die Plastikeierbecher und die Käsekrainer.

Um eine wesentliche Campingerfahrung reicher, verlöteten wir den Marillenbrand und verputzten unsere Käsekrainer ohne Brot und Nudelsalat.

Natürlich meldeten wir diesen Vorfall pflichtgemäß am nächsten Tag dem Platzwart. Der zuckte nur mit den Schultern und meinte, dass sei noch nie vorgekommen.

Anzumerken wäre noch, dass Bernhard vier neue Plastikteller zu einem überhöhten Preis in dem kleinen Selbstbedienungsladen erstand und dass wir tags drauf nochmal Nackensteaks grillten, diesmal ohne Nudelsalat.


05.) Warum eine Grillparty kein richtiges Grillen ist.

Erst mal, weil zu viel Gedöns drumherum ist.
Zweites, weil Party absolut nicht zum Grillen passt und drittens, weil ich keine Partys nicht mag, aber Grillabende.

Damit hätten wir schon mal was Wesentliches geklärt. Es sind starke Argumente, das müssen Sie zugeben.

Auf Partys wir getanzt, geknutscht und was weiß ich sonst noch alles gemacht Ich käme mir mit meinen vom Nackensteak fettigen Fingern sehr deplatziert vor.
Sie können keine Frau mit einem Käsekrainer in der Hand oder zwischen den Zähnen anmachen. Das ist auf Neudeutsch gesagt ein »No-Go!«
Oder stellen Sie sich mal eine Lady vor, die wammerlkauend mit Ihnen flirten will. Das geht doch nicht!
Deshalb sage ich: »Entweder Party oder Grillen!«

»Grillparty« klingt so nach Schickimicki. Es gibt ja auch keinen »Grillevent« oder eine »Grilltschärity«.
Sowas passt einfach nicht zusammen, das sagt uns doch unser gesunder Menschenverstand.
Grillen heißt »Grillen! Punkt! Ohne was drumherum.

Da kommt man natürlich auch ohne Krawatte. Da ist legere Freizeitkleidung, luftig und leicht, angesagt.
Allerdings darf das auch nicht in die andere Richtung ausschlagen.
Netzunterhemden mit nichts drüber gehen gar nie nicht!
Wenn junge Menschen am Strand in Badekleidung grillen ist das ok. Erst Baden sie, dann Grillen sie. Das finde ich in Ordnung!

Nicht in Ordnung finde ich, wenn Otto Normalverbraucher mit freiem Oberkörper und Wampe im Vorgarten grillt. Damit soll er gefälligst hinters Haus gehen, wo ihn niemand sieht.
Sowas kann man natürlich keinem in seinem eigenen Vorgarten verbieten. Trotzdem ist das schon nahe am Tatbestand der »Erregung öffentlichen Ärgernisses«!
Das muss mal in aller Deutlichkeit gesagt werden. Ich pinkele ja auch nicht neben meine Gartentürl.

Wer richtig Grillen will, muss sich mit solchen Dingen auseinandersetzen. Es ist ja nicht so, dass ich einfach mal ein Feuerchen anmache und meine Würstl drüberlege. Da gehört schon ein Flair dazu, ein Grillflair oder wenn Sie so wollen ein Grillambiente.

Vom Trinken beim Grillen haben wir jetzt noch gar nicht gesprochen, aber das ist eine neue Geschichte.


06.) Zum Festen muss was Flüssiges.

Wie unter »Grillen die Fünfte« bereits angedeutet wurde, geht es heute ums Trinken beim Grillen an sich.
Dabei liegt das Meiste klar auf der Hand.

Erst mal ist Bier allenthalben angesagt. Ob Helles, Weißbier oder Pils ist egal. Von irgendwelchen Starkbieren rate ich ab!
Ein passionierter Weintrinker wird natürlich sein Viertele genießen wollen und ein Abstinenzler kann durchaus sein Mineralwasser oder Limonade verkonsumieren. Jedenfalls müssen diese eben beschriebenen Getränke vorgehalten werden. Natürlich einigermaßen gekühlt, schließlich gibt es heutzutage die Technik dazu.
Schales Bier und lauwarte Limo werfen ein denkbar schlechtes Licht auf den Gastgeber.

Mixgetränke, ob alkoholisch oder nicht, sind eher deplatziert. Ein Radler geht gerade noch, auch ein Spezi. Beim Hugo oder Caipirinha wird’s kritisch. Ja, »Caipirinha« schreibt sich so, hab’s extra nachgegoogelt!
Meiner Meinung nach haben solche Pantschereien nichts beim Grillen verloren.

Ich kann mir gut vorstellen, dass ein anfangs gereichter Prosecco ein gutes Startergetränk ist, aber danach hat er beim Grillen nichts mehr zu suchen.
Extreme Abweichungen, wie Gemüsesäfte und bei Vollmond abgefülltes Mineralwasser, vielleicht sogar noch linksdrehend, sind zu tolerieren. Es gibt nun mal Menschen, die sowas mögen. Na ja, »mögen« ist nicht ganz das richtige Wort. »Die sich sowas auferlegt haben«, trifft das schon eher.
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, was so besonders beim Mondscheinwasser sein soll. Wasser ist Wasser, punktum!

Diese zuletzt genannten Flüssigkeiten müssen natürlich nicht vorgehalten werden. Sowas sollen die gefälligt selber mitbringen, was, nebenbei gesagt, auch für veganes Grillgut gelten muss.

Jetzt sprechen wir noch über die Trinkmenge. Eher ein heikles Thema. Die Bandbreite ist gigantisch.
Mir persönlich gefällt so ein klitzekleines bis kleines Schwipserl. Das törnt an, fördert die Konversation und kommt immer sehr gut in einer Grillrunde. Es ist doch das Schönste, wenn der Gastgeber nach der Grillerei zu seiner Ehefrau oder auch seiner Lebensabschnittspartnerin sagen kann: »Hast Du gesehen, der Fabrizius war heute besonders gut drauf!«
Hingegen sind Vollräusche gefährlich. Sie müssen sich mal vorstellen, da fällt so ein Suffkopp über den Grill. Da ist der Notarzt vorprogrammiert.
Jedes Jahr werden  die schlimmsten Verletzungen in die Notaufnahmen gekarrt. Ich kann wahrlich ein Lied, wenn nicht zwei, davon singen.

Aus diesem Grunde sollte Hochprozentiges zurückhaltend genossen werden. Zum Nackensteak oder meinetwegen auch zum Käsekrainer einen eisgekühlten Ouzo oder ein Marillenbrand, nicht zu kalt, ist was Gutes. Ein Willi geht auch, Kümmel und Korn sind eher was für die Nordlichter und diesseits des Weißwurstäquators eher seltener anzutreffen. Dabei will ich diesen nordischen Wässerchen die Qualität keineswegs absprechen.
Von Whisky und Cognac der guten Sorte rate ich ab. Das muss nicht sein.
Wer absolut seinen Whisky mit Cola trinken will, der soll das tun, ich find’s nicht gut.

Ich denke, das Wesentliche übers Trinken beim Grillen ist gesagt. Somit schließe ich diese populärwissenschaftliche Betrachtung und wünsche Ihnen allen einen gelungenen Grillabend, wobei das auch ein Grillnachmittag sein kann. Vormittage werden selbst bei Rentners nur äußerst selten zum Grillen hergenommen.
Habe die Ehre!


07.) Veggi - Grillen

Es ist ja nicht so, dass ich Grillen ohne Fleisch nicht akzeptiere. Ich bin für Veganer genau so aufgeschlossen wie für Indianer oder Liliputaner. Da erkenne ich keine Barrieren.
Deshalb möchte ich, der Vollständigkeit halber, was über’s Veggi-Grillen erzählen. Ich will nicht, dass sich bestimmte Interessengruppen hier ausgegrenzt fühlen. Die Anhänger der fleischfreien Ernährung werden ja immer mehr. Zumindest liest man das allenthalben. Dem muss Rechnung getragen werden. Ganz nach dem Motto: »Ein jeder, wie er’s mag!«

Der Fachmann unterscheidet zwischen »vegan« und »vegetarisch«. Ersteres ist die konsequentere Art der fleischfreien Ernährung. Wenn schon, denn schon! Da sind überhaupt keine tierischen Produkte erlaubt.

Vegan ist zum Beispiel ein:
»Kräutersaitling-Zucchini-Spieß«.
Wie diese Wortkombination so locker flockig über die Zunge geht: »Kräutersaitling-Zucchini-Spieß«.
Köstlich, das muss doch alleine vom Namen her richtig gut schmecken.

Wenn’s nur vegetarisch sein soll, dann kann ich Ihnen ein
»Schafskäse-Tomaten-Päckchen« an’s Herz legen.
Klingt nicht minder wunderbar.

Es sind allesamt putzige Namen.

Wenn man dazu, ich meine halt bloß, so eine leckere cross gegrillte Scheibe Bauchspeck ...

Nein! Beinahe wäre ich in meine überkommene Denkweise verfallen, »Grillen heißt Fleisch!«
Das ist nun mal nicht mehr so!
Grillen kann auch anders.

Das ist aber erst die halbe Miete. Auch die kühle Halbe ist gestrichen. Obwohl Bier rein vegan ist, meiden diese Menschen zumeist den Alkohol. Dann soll’s auch noch gesund sein, deshalb sind Limonaden und jedwedes Zuckerwasser genau so verpönt wie Coca-, Pepsi- oder Afri-Cola.
 
Statt dessen werden Obst- und Gemüsesäfte kredenzt sowie stilles Mineralwasser. Auch gekühlte Kräutertees oft mit Limonensaft verfeinert, gehören zum Repertoire.

Beim Grillen selber ist die Grillkohle verpönt.
Was sich da an »freien Radikalen« und gesundheitsschädlichen Verbrennungsrückständen auf dem Kräutersaitling-Zucchini-Spieß ablagern kann, ist nicht hinnehmbar.
Beim Gasgrill ist das nicht viel anders. Also wird elektrisch heißgemacht.

In Oliven- oder Rapsöl geschwenkt wird das Ganze dann mit einer Grillzange aus naturbelassenem Holz auf irdene Teller mit giftstofffreier Glasur gelegt und schlussendlich auf althergebrachte Weise verputzt.

Ich bin überzeugt davon, Veganer und Vegetarier genießen ihr Grillen genau so wie wir Fleischfresser. Sie sind in Ihrer Ernährung nur konsequent und das ist doch eine recht ehrenhafte Einstellung. Die bayrische Mentalität kommt gerade solchen Einstellungen entgegen. »Leben und leben lassen!«, besser kann man es nicht beschreiben.

Jetzt habe ich auf einen Kräutersaitling-Zucchini-Spieß durchaus neugierdehalber Appetit.


08.) Vorsicht heiß!

Ganz nüchtern war er nicht mehr, der Albert. Aber er hantierte noch fleißig am Grill herum. Die Runde, alles beste Freunde, zeigten einen ähnlichen Zustand. Der erste Kasten Bier war leer, der zweite deutlich dezimiert und die Literflasche Doppelkorn zu zweidrittel geleert.

Nur Hedi, Alberts Frau, war nüchtern. Sie machte sich nichts aus Alkohol und meinte, man könne auch ohne lustig und ausgelassen sein.
»Was machst Du denn da laufend am Grill?«, wollte sie von ihrem Göttergatten wissen.
Mit erheblichem Zungenschlag erklärte ihr Albert, dass er die restlichen Käserkrainer auflegen wolle. Sie waren ihm eh schon ein paar Mal auf den Boden gefallen.
Als Hedi im zu Hilfe eilte, stieß er sie unsanft zur Seite und murmelte so was Ähnliches wie: Dös kriag i scho!«

Jedenfalls dauerte es, bis die sechs Würstl auf dem Rost lagen. Bei jedem Einzelnen grölte die Runde, wenn es geschafft war.
Hedi setzte sich wieder auf ihren Platz und nuckelte an ihrer Cola herum.
»Mogst koan Schnaps nei?«, fragte der Lechbichler Beppi, ein Arbeitskollege von Albert.

Dann gab es einen Rumserer, ein dumpfes Knallen, dann lag Albert neben dem umgestürzten Grill, die Grillzange hatte er noch in der Hand.
Die Saufkumpane nahmen das gar nicht so richtig zur Kenntnis. Sie grölten und fragten Albert, was er denn da auf dem Boden suche und ob nicht wieder ein Käsekrainer hinuntergefallen sei.

Hedi zog ihren Albert erst mal an beiden Beinen vom umgestürzten Grill weg, dann holte sie eine Gießkanne mit Wasser und goß es über den besoffenen Gatten.
Dem Lechbichler Beppi gefiel das so gut, das er »Zugabe« brüllte, es aber selbst nicht mehr schaffte, das Wasser mit der Gießkanne zu holen. Auf halber Strecke lag er flach und kämpfte nun mit der Schwerkraft, die er offensichtlich in seinem Zustand nicht mehr bezwingen konnte.
Die Käsekrainer lagen verstreut auf dem Rasen.
Mit dem ganzen Arm hatte Albert in der Glut gelegen. Die Brandwunden reichten bis zum Hals hinauf.

Nun kam auch schon der Notarzt mit Tatütata, was für die besten Freunde Anlass genug war, ihn mit überschwänglichem Gejauchze zu empfangen.
Die beiden Sanitäter legten den besoffenen Albert auf die Trage, nachdem ihm der Notarzt ein Brandwundenverbandtuch um Arm und Hals gelegt hatte. Im Sanka bekam er noch eine Infusion verpasst und ab ging die Post, diesmal ohne Tatütata.

So langsam realisierte die Runde, was passiert war. Nun wankten sie alle mit bedröppelten Gesichtern und einem Fetzenrausch nach Hause.
Hedi fuhr ins Krankenhaus um sich nach ihrem Albert zu erkundigen. Eine gehörige Standpauke wollte sie ihrem Grillmeister erst später halten.

Nachzutragen wäre noch, dass die Deutsche Dogge des Nachbars mit Namen »Zorro« sämtliche Käsekrainer ruckizucki auffraß und Albert acht Tage auf der chirurgischen Station verbrachte.


09.) Auch das noch!

Eine absolute Männerdomaine gerät ins Wanken.
Auch wenn es mir schwerfällt, so muss ich doch zugeben, sowas gibt es.
Weibergrillen!

Der Garten hinterm Haus wurde hermetisch abgeriegelt und zur männerfreien Zone erklärt.
»Probier’s erst gar nicht, Du fliegst sofort hochkant raus!«
Wie sie das bewerkstelligen wollten, konnte ich mir nicht vorstellen, allerdings wollte ich als guter Ehemann kein Spielverderber sein und fügte mich.

»Die werden schon sehen, so ganz ohne männliche Hilfe!«, dachte ich für mich.
Ich kann nicht beschwören, ob bei mir nicht ein kleinwenig Schadenfreude aufgekommen wäre, wenn das nicht geklappt hätte.
Aber erst mal will ich weiter berichten.

Was seit Jahren als Kaffeeklatsch alle zwei Wochen stattfand, wurde von den Damen kurzerhand zum Grillnachmittag erklärt. Statt Sahnetorte und Käsekuchen gab’s jetzt Nackensteaks und Käsegrainer.

Sonst musste ich immer die Getränke eigenhändig herbeischleppen, die Grillkohle besorgen, anzünden, nach dem Grillgut schauen. Alles so ein unverzichtbarer Kram halt. Diesmal war ich außen vor, und zwar komplett.

Die Grillstelle, sonst immer auf unserer Terrasse, wurde kurzerhand hinters Gartenhäusl verlegt. So konnte ich nicht mal vom Schlafzimmerfenster aus diesem illustren Treiben zuschauen. Um wenigstens einen kleinen Teil der Grillorgie einsehen zu können, musste ich auf den Dachboden, eine Leiter anstellen und aus dem Dachfenster schauen. Das tat ich dann auch.

Die Damen trudelten pünktlich gegen 16 Uhr ein. Alle schleppten irgend was in Tellern oder Schüsseln mit. Ich tippte auf Nudelsalat und Zaziki, konnte es aber nicht beweisen. Die eine Tischhälfte konnte ich einsehen, da stand, ich erkannte es erst mit dem Fernglas, in Marinade eingelegtes Fleisch, Bohnensalat und irgend eine feuerrote Sauce.

Nach wenigen Minuten sah ich Rauch aufsteigen. »Denn Grill haben sie schon mal angezündet bekommen!«, dachte ich für mich.

Als Nachzüglerin stellte sich nun Barbara ein, sie kam immer zu spät, brachte aber eine Sechserkiste Prosecco mit.

Oben am Dachfenster hörte ich nur unverständliche Wortfetzen. Jede Menge Gekicher und Lachen drang an mein Ohr. Die Damen selbst konnte ich nur sehen, wenn sie zum Nudelsalat gingen und Nachschlag holten. Das Grillgut selbst war für mich unsichtbar, da durchs Gartenhäusl verdeckt.

»Das scheint ja alles zu funktionieren!«, sagte ich im Stillen zu mir.

Wenn man immer nur Gekicher hörte, kein Wort verstand und nicht mal alles einsehen konnte, wurde es fad. Ich stieg von der Leiter und ging nach unten in die Küche.

Die Glastüre zur Terasse war zu. Dort prankte oberhalb des Griffes ein Schild: »Nicht öffnen, gefährlich!!!«, mit drei Ausrufezeichen.
Ich fand das albern, hielt mich aber daran.

Nach gut einer Stunde, ich saß immer noch in der Küche und hatte mir ein Weißbier aufgemacht, stand eine der Damen vor der verschlossenen Terrassentür. Ich bedeutete ihr, dass sie zum Pieseln ums Haus herumgehen müsse, da ich die Tür nicht öffnen dürfe. Mit einem Augenrollen verschwand sie ums Haus und klingelte vorne.
»Ohne mich geht’s doch nicht!«, stellte ich mit Genugtuung fest und öffnete. Ein Schwall Opium schwappte mir entgegen und, ich kann es nicht beschwören, ich hatte so eine Marillennote in der Nase.

Die Lady verschwand nach dem Pieseln wieder durch die Haustür nach draußen. Um nicht bei jedem kleinen oder großen Geschäft aufstehen zu müssen, legte ich einen Holzkeil zwischen die nicht ins Schloss gefallene Tür. Dann machte ich mir ein zweites Weizen auf und harrte der Dinge, die da noch kommen sollten.

Mit einem verschmitzten Grinsen kam meine geliebte Gattin herself an die Terrassentür, die ich ausnahmsweise öffnete, weil sie mir einen phantastisch angerichteten Teller entgegenhielt. Ein saftiges Steak lag drauf, etwas Zaziki, ein Häufchen Bohnensalat und etwas von dem Nudelsalat.
»Eine Seele liegt noch im Brotkasten, die wird Dir wohl reichen!«, meine sie bei der Übergabe.
Dann war sie auch schon verschwunden und ich hatte wieder sowas wie Marille in der Nase.

Ich verputze alles und stellte den Teller in die Spülmaschine. Ab und zu hörte ich Getrippel im Flur und stellte fest, dass unsere Gästetoilette stark frequentiert war.

Die Stunden vergingen. Langsam schlich sich die Dämmerung in den Garten.
»Die haben kein Licht hinterm Gartenhäusl!«, stellte ich mit Befriedigung fest und, ja ich muss es gestehen, hatte so ein winziges Bisschen Schadenfreude. Dann sah ich rund ums Gartenhäusl mehrere Lampions aufflammen.
Daraufhin machte ich mir das dritte Weißbier auf und suchte anschließend vergebens die Flasche mit dem Marillenbrand .
»Aha!«, kam es über meine Lippen.

Am nächsten Tag sagte ich zu meiner Frau: »Das war aber ein langes Grillen!«
Sie daraufhin: »Du hast vergessen, das Dachfenster zuzumachen. Heute wird’s regnen, mach das bitte gleich!


10.) Die Kunst ein Ei zu grillen.

Sicher, es gibt schwierigere Herausforderungen, aber versuchen Sie mal ein Ei zu grillen. Ein ganzes Ei versteht sich.
Ich habe es noch nie getan!
Das hat noch niemand getan!
Ich werde mich ab sofort damit beschäftigen.

Eine separate Grillvorrichtung gibt es dafür nicht. Ein Rost muss vorerst genügen, vielleicht noch eine Alu-Schale.
Zunächst wird die ganze Sache theoretisch geplant, wie bei allen Erstanwendungen.

Vielleicht ensteht daraus eine pfundige Geschäftsidee. Ein Alleinstellungsmerkmal ist es sowieso, das Eiergrillen.

»Gegrillte Eier« oder »Eier vom Holzkohlegrill«
So oder so ähnlich könnte eine Ankündigung lauten.

Ich finde das eine prima Sache, da kann man gleich die Preise anziehen und weitere Produkte testen.
»Soleier vom Grill« oder »verlorene Eier vom Grill«

Alle biologisch produzierten Eier von freilaufenden glücklichen Hühnern werden ausschließlich auf eiertauglicher Holzkohle gegrillt. Das muss man dem Konsumenten vermitteln.

Ein eigener Eierkanal im Privatfernsehen und eine Egg-App werden für die schnelle Verbreitung sorgen.

So oder so ähnlich hat Mc Donalds auch mal angefangen. Und heute?

Da steckt ein gewaltiges Potential dahinter.
Und warum sollte das nur mit Hühnereiern gehen?
Dann sind auch Wachteleier angesagt oder Enteneier, selbstverständlich auch Straußeneier. Es wird ein Leichtes sein, die in die Produktpalette aufzunehmen.

Für extravagante Gourmets sollte es möglich werden aus Südamerika Kormoraneier einfliegen zu lassen, oder aus Afrika die Eier des Gänsegeiers. Als besondere Delikatesse könnten Pinguineier vom Grill angeboten werden.

Wer mehr die heimische Produktpalette liebt, muss keineswegs zurückstehen. Eindutzend Grilleier vom Stieglitz oder der Schleiereule werden den verwöhnten Gaumen kitzeln. Nachtigalleier werden der Renner sein, besonders bei romantisch veranlagten Menschen.

Das alles wird zu einem Eier-Eldorado werden.

In allen Ländern müssen Dependancen eingerichtet werden. Alleine die Eierproduktion, natürlich unter dem Dach der Eierdynastie, wird eine immense Herausforderung sein.

Aber damit ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht.

Wenn es in unseren modernen Haushalten extra Eierkocher gibt, warum sollte es nicht möglich sein einen speziellen Eiergriller zu konzipieren. Da ein Patent drauf anmelden, da scheffelst Du Millionen!
Der Thermomix ist ein alter Hut dagegen. So ein Eiergriller wird der letzte Partyschrei sein. Dann will jeder das Ding haben, das natürlich nicht für einfuffzig verkauft wird. Da muss schon Kohle reinkommen.

Was heute noch Google ist, kann morgen schon »World-Egg-Barbecue« sein.
Natürlich wird die Sache englischsprachig abgewickelt. Der deutsche Ableger könnte »Welt-Grill-Ei« heißen. Wir werden auf alle Fälle die beste Werbeagentur daran setzen.

Aber jetzt müssen wir erst mal in die Grundlagenforschung, sprich Eiergrillen, gehen. Wenn’s klappt, dann wird sich Google warm anziehen müssen.


11.) Ohne Grillen keine Evolution!

Grillen ist so alt wie das Feuer, das vor Urzeiten von uns Menschen entdeckt wurde.
Feuer war wesentlich daran beteiligt, dass unser Gehirn schneller wachsen konnte. Durch das Grillen auf dem Feuer konnte unsere tierische Nahrung besser aufgeschlüsselt werden und die Proteine als wesentliche Bausteine unseres Körpers standen in großer Menge zur Verfügung.

Nur wir Menschen konnten selbstständig Feuer machen. Dieses Privileg ist auf dieser Welt nur uns Menschen gegeben, somit einmalig.

Als direkte Folge müssen wir das Grillen betrachten. Es war durch die bessere Nahrungsaufschlüsselung der Garant für’s Überleben. Erst dadurch konnten wir komplexe Zusammenhänge wahrnehmen und interpretieren. Heute nennt man das »Denken«.

Somit ist unser Grillen ein wesentliches Element unserer Evolution.

Auch in der Bibel wird Feuer seiner Rolle gerecht. Es reinigte Sodom und Gomorra und es markierte auch das Göttliche, wie wir aus der Story über den »brennenden Dornbusch« erfahren.

Heutzutage nehmen wir das alles als selbstverständlich hin. Wir erkennen die ungeheuere Kraft der Grillglut nicht mehr, dabei ist unsere Intelligenz ein direktes Produkt daraus.

Wer sich dessen bewusst ist, der wird einen Grillabend mit ganz anderen Augen sehen. Der wird voller Dankbarkeit den Grillrost herrichten und die Glut entfachen. Diese Zeremonie kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Ist es da nicht naheliegend, dass wir Männer für dieses Ritual prädestiniert sind? Schon zu Urzeiten erjagten wir die Beute und zerlegten sie, um sie wenig später auf dem Feuer zu Grillen. Dieser uralte Trieb ist auch heute noch in uns, auch wenn wir die Jagd vernachlässigen und beim Metzger die Proteinquellen erstehen. Beim Grillen selber wird dieser archaische Trieb in uns Männern wach!


12.) Die Bayern waren es nicht!

Neulich stritten wir über den Beginn der Grillsaison. Bruno wollte das vom Datum abhängig machen. Britta hingegen meinte, das Wetter sei dafür entscheidend.

Auch nach stundenlanger Diskussion kamen wir auf keinen gemeinsamen Nenner. Alle Versuche einer Einigung scheiterten, weil ich der Einzige war, der sagte: »Grillen geht immer!«, und kein Jota davon abrückte. So konnten wir die Grillsaison nicht eindeutig definieren.

Da stelle ich ernsthafte und weniger ernsthafte G'schichterl ins Netz und schaffe es nicht, die Grillsaison klar einzugrenzen. Gut ist das nicht, wirklich nicht!

Wir grillen ja heute aus Spaß. Unsere Altvorderen waren wirklich noch drauf angewiesen. Die hatten keinen Elektroherd oder Gaskocher. Da gab es die Feuerstelle, sonst nichts. Und es ging auch!

Die hatten auch keine Grillanzünder, die machten das noch mit Zunder und Feuerstein. Viele von uns würden jämmerlich verhungern, wenn sie mit den Gerätschaften von damals auskommen müssten.

Bei uns heute geht das Grillen locker vom Hocker. Die Grillzange ist aus Edelstahl und das Fleisch biologisch. Errungenschaften, um die wir dankbar sein sollten.

So ein Kugelgrill wäre seinerzeit, als die Menschen noch in Höhlen lebten, auf blankes Entsetzen gestoßen. Da war noch nicht mal das Rad erfunden und Grillgewürz gab’s auch nicht.

Von einem Prähistoriker hab ich mir sagen lassen, dass die Menschen damals ihr Fleisch mit Asche aufpeppten.
Wenn uns mal ein Nackensteak in die Asche fällt, schreien wir Mord und Zetrio oder brüllen Scheiße.

Die waren auch nicht so wählerisch. Die mäkelten nicht herum: »Das ist mir zu fett« oder »da sind zu viel Flachsen drin!«, oder »ist das auch bio?«, oder ist die Pute nicht zu trocken?«
Die nahmen, was ihnen vor die Keule kam.
Da war der Hunger das Maß aller Dinge. War der Hunger gestillt, wurde nicht gegrillt.

Die tranken Wasser, der Met war noch lange nicht erfunden und Bier gab es bei uns erst viel später. Vor ca. zehntausend Jahren, so vermutet man, wurde das erste Bier im Orient gebraut und nicht in Bayern. Reinheitsgebot hin, Reinheitsgebot her.

In Mesopotamien waren so um die dreitausend vor Christus zwanzig Biersorten bekannt und eine Schankordnung gab es auch. Da hüpften wir noch auf Bäumen herum, ohne Lederhose und Trachtenjanker.

Alles in allem, es waren lausige Zeiten.
Wir können nicht mal den Beginn der Grillsaison zuverlässig bestimmen, und die Bayern haben definitiv das Bier nicht erfunden!
(© by Fabrizius)


13.) Grillen am Spieß

Über’s Grillen am Spieß redeten wir noch gar nicht. Dabei zählt diese Art zu den Urformen des Grillens.

Irgend ein totes Tier wird ausgenommen, Schwanz und beim Federvieh auch der Kopf abgeschnitten. Allerlei Kräuter werden ins Innere gestopft, das Ganze dann auf einen Spieß gesteckt und langsam über der Glut gegart.

Als Pfadfinder war das unsere Art zu Grillen, gedreht haben wir noch selber.
Heutzutage muss niemand mehr drei und mehr Stunden stupide an der Kurbel drehen, das besorgt ein Elektromotor.

Man sagt ja, das Heißwerden über der Glut und das wieder Abkühlen beim langsamen Weiterdrehen gäbe eine ganz besondere Geschmacksnote.

Zu Wienerwald-Zeiten wurde das zur Massenanwendung gebracht. Die so gegrillten Geier mit ihren über tausend Flugstunden waren allerdings keine gute Reklame.

Jetzt wird das Grillen am Spieß wieder neu entdeckt. Der Zubehörmarkt ist voll von reizenden Innovationen. Das man dabei nur zwei Astgabeln und einen Eisenspieß braucht, ist ganz in den Hintergrund getreten. Zwei und sogar dreistufige Motoren sind überall zu beziehen.

Es wird nicht lange dauern, dann wird es eine eigene App zur permanenten Überwachung und zur Steuerung von Grillgut und Elektromotor geben.
Dass diese Leichtgewichte wartungsfrei sind, muss ich nicht extra erwähnen.
(© by Fabrizius)


14.) Es gibt keine Grillkohle mehr!
- Eine satirische Betrachtung in die Zukunft -

Nun ist es passiert! Das Bargeld wird gerade abgeschafft, die Glühbirnen gibt es schon lange nicht mehr und jetzt ist die Grillkohle dran.

Die EU-Verordnung dazu, bestehend aus 785 Seiten ohne Kommentare, will ich Ihnen nicht zumuten.

Fazit: Noch 6 Monate wird es Grillkohle auf dem Europäischen Markt geben. Dann ist Schluss!

Die Elektro- und Gasgriller lachen sich ins Fäustchen, sie wussten es schon immer, alle anderen schauen in die Röhre.

Wegen nicht kalkulierbarer Emissionen wird die Eigenherstellung von Grillkohle unter Strafe gestellt. Der Europäische Gerichtshof erklärt dazu, dass ein Verurteilter eine Freiheitsstrafe nicht unter 6 Jahren aufgebrummt bekommt.

Einer der Marktführer in der Grillkohleherstellung verscherbelt momentan seine 1A Produkte zu Schleuderpreisen. Andere Hersteller kippen ihre Grillkohle auf wilde Deponien und in verwaiste Baugruben. In der Branche herrscht Endzeitstimmung.
Die Betriebsstätten können nicht so ohne weiteres auf andere, nicht betroffene Produkte umgestellt werden. Ein ganzer Landstrich sei davon abhängig.
»Stirbt die Grillkohle, stirbt die Region!«, formulierte es der Bürgermeister einer betroffenen Gemeinde.

Feuerwehr und THW rechnen in den nächsten fünf Monaten mit einer nie da gewesenen Grillhäufigkeit sowohl in den Privathaushalten als auch auf Vereinsebene. Der Rettungsdienst ist alarmiert und stellt sich gerade auf eine Zunahme von Verbrennungen ein. Ambulanzen und Krankenhäuser stocken ihr Personal auf.

Hamsterkäufe halten sich in Grenzen, da der zuständige hohe Kommissar in Brüssel deutlich machte, dass in 6 Monaten Schluß ist, auch wenn noch so viel Grillkohle im Keller gebunkert sein sollte. Ab dann greife das Strafrecht!

Dutzende von Petitionen sind gerade am Laufen. Die Europaabgeordneten werden mit Schmähungen übelster Sorte eingedeckt. In den sozialen Medien tobt der Shitstorm. Aus den neuen Bundesländern werden erste Verhaftungen gemeldet.

Mit dem Ausspruch, man könne seine Nackensteaks und Käsekrainer auch in der Pfanne braten, goss ein hoher Funktionär noch Öl ins Feuer. Eine sachliche Debatte scheint nicht mehr möglich zu sein.

Der Dalai Lama stellte sich bei einer Fernsehansprache hinter die Befürworter der Grillkohle und erntete dafür beißenden Spott aus Brüssel.

In Großbritannien ist man froh, aus der EU ausgeschieden zu sein. Ein Grillkohleverbot sei inhuman und mit der britischen Lebensqualität nicht in Einklang zu bringen.

Papst Franziskus ermahnte die Verantwortlichen zur Besonnenheit. Er wolle für alle Betroffenen beten.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan forderte die in Deutschland lebenden Türken auf, sich dem EU-Diktat zu widersetzen.

Die Regierungsparteien in Berlin hüllen sich in Schweigen und die LINKE fürchtet um die nun wegbrechenden Arbeitsplätze.

Die AfD rief zum gemeinschaftlichen Grillen auf, erklärte sich solidarisch mit der Grillkohle und skandierten »Wir sind die Griller!«

Den Präsidenten der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker ficht das alles nicht an. Dies sei kein Willkürakt, sondern eine zukunftsorientierte Entscheidung zum Wohle aller.

Grillen, wie wir es kannten, wird es nicht mehr geben. Neue Innovationen werden kommen, ohne Grillkohle.
Wieder wird ein althergebrachtes Stück unserer Lebensqualität aussterben.
(© by Fabrizius)


15.) Fisch

Klar, Fisch ist nicht jedermanns Sache und in Niederbayern gleich gar nicht.
Wenn’s einer mag, ist Fisch gegrillt eine Delikatesse.
Das stellt höhere Anforderungen an den Grillaktivisten als ein Nackensteak. Hier beginnt die hohe Schule des Grillens.

Ein Forellenfilet, kurz angeräuchert und dann auf den Grill, ist ein Aphrodisiakum, hab ich mir sagen lassen.

Forelle mag ich nicht. In meiner Kindheit hatte mein alter Herr Forellenteiche. Unsere Speisekarte war voll davon. Trotzdem kann ich Ihnen ein paar Tipps geben.

Nachdem die Forelle ausgenommen ist, bitte ausgiebig wässern und anschließend gut abtrocknen. Dann ab damit in den Buchenrauch für sechs Stunden. Direkt vom Rauch auf den Grill.
Aber Vorsicht, Fisch braucht eine spezielle Zubereitung.
Wickeln sie die Forelle mit wenig Kerbel, reichlich Beifuß und einer Nuance Rosmarin locker in Alufolie. Bloß kein Salz!
Der Fisch braucht im Alu Platz zum Atmen. Dann vier Minuten von jeder Seite angrillen und danach ein paar Minuten am Rand des Rostes »ziehen« lassen, damit die Gewürze ihr Aroma entfalten können.
Mit der aufgeschlagenen Alufolie wird die Forelle serviert.
Unsere Gäste lechzten danach.

Für mich was es bloß Forelle und da ich die im Überfluss hatte, bevorzugte ich ein saftiges Nackensteak.
Ein Aphrodisiakum brauchte ich damals auch noch nicht!


16.) Grillen mal ganz anders.

Haben Sie schon mal mit Buchenholz gegrillt? Nein?
Dann werde ich darüber erzählen. Dazu muss ich ganz weit zurück in meine Kindheit gehen.

Diese Form des Grillens kenne ich aus den heimischen Weinbergen. Nach getaner Arbeit, dem Lesen der Trauben, trafen wir uns alle im Hof unseres Anwesens. Tische und Bänke gab es genug. Sie standen in einem Kreis um ein aus Eisenrohren angefertigtes über mannshohes Dreibein.
An drei langen Ketten schwang ein runder Eisenrost, der durch eine einfache Vorrichtung sowohl nach unten als auch nach oben bewegt werden konnte.
Darunter brannte ein Buchenholzfeuer.
Wenn die Holzscheite niedergebrannt und in eine Glut übergegangen waren, legte mein Vater diverse Steaks auf den Rost. Dieser wurde nun kontinuierlich an den langen Ketten über der Glut in Bewegung gehalten. In meiner Meimat wird das als »Schwenken« bezeichnet und das Fleisch darauf »Schwenkbraten« genannt.

Das war die typische Abendmahlzeit nach dem Traubenlesen. Dazu wurde der eigene Wein und Wasser gereicht. Je nach Geschmack fanden sich Rindersteaks und Schweinemedaillons darauf, ebenso auch Lamm- und Wild.
Es waren wunderschöne Abende. Der eine oder die andere holten eine Gitarre oder ein Akkordeon hervor, dann erklangen die alten Wein- und Trinklieder in die Nacht.

Als Dreikäsehoch wollte ich immer das größte Stück Fleisch abhaben. Mit den Burschen zusammen rannte ich ums Feuer und suchte das schönste Stück aus. Ich selber durfte mit einem langen Eisenhacken das Fleisch vom Rost aufspießen. Und dann durfte ich noch ein kleines Glaserl Riesling mittrinken.
Das Steak schaffte ich nie bis zur Hälfte, aber es gab genügend Burschen, die meine Portion aufaßen.

Ganz zum Schluß, bevor die Runde aufbrach, sang meine Mutter mit ihrer wunderbaren Koloratursopranstimme das Lied:
Guten Abend, gut’ Nacht,
mit Rosen bedacht,
mit Näglein besteckt,
schlupf unter die Deck:
Morgen früh, wenn Gott will,
wirst du wieder geweckt.

Ich war mächtig stolz auf meine Mutti. Für mich war dieses von ihr gesungene Lied das Highlight des Abends.
Ich konnte mich an Ihrer Stimme nie satthören.

Später, als schon alle weg waren und ich zu Bett gebracht wurde, bekam ich noch eine Extravorstellung, ganz für mich alleine:

Aber heidschi bumbeidschi, schlaf lange,
es is ja dein Muadder ausganga;
sie is ja ausganga und kimmt nimmer hoam
Und laßt das kloan Biabele ganz alloan!
Aber heidschi bumbeidschi bum bum,
aber heidschi bumbeidschi bum bum.

Alle vier Strophen sang meine Mutti für mich.

 Viel später begleitete ich sie mit meiner Gitarre und sang mit ihr zusammen diese beiden Lieder. Sie gehörten zum festen Repertoire unserer vielen gemeinsamen Auftritte.

Heute noch klingt mir der glockenreine Sopran meiner Mutter in den Ohren. Sieben Jahre liegt sie jetzt schon unter der Erde. Mit diesen Liedern wurde sie für mich unsterblich.

© by Fabrizius

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